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Dem Einkauf kommt als Wertschöpfungspartner Nr. 1 im Unternehmen eine besondere Rolle im Kontext von Digitalisierung und Industrie 4.0 zu. Er ist Kommunikator zwischen Kundenwunsch und Beschaffungsmarkt und agiert als Botschafter der Digitalisierung zum Lieferanten. Diese Rolle gilt es in den Unternehmen – in KMU und „Großen“ gleichermaßen – entsprechend zu interpretieren und nachhaltig zu postulieren. Das bedingt ein verändertes Rollenbild und neue Qualifikationsprofile.
Vom Einkauf werden nicht nur signifikante Beiträge zur Wertschöpfung des Unternehmens erwartet, sondern auch innovative Modelle und Prozesse, die interne Bedarfsträger bei ihren Aufgaben unterstützen und externen Geschäftspartnern Anbindung, medienbruchfreien Datenaustausch und Kollaboration ermöglichen. Daraus ergeben sich Trends zum Digital Supplier und zu Dashboards mit Real-time Monitoring für direkt anwendbare Workflows, die auch in Krisenfällen systematisch greifen. Multi-Tasking-fähige IT-Systeme sind notwendig, um eine tiefe reale Vernetzung (ohne Brüche an den diversen internen/externen Schnittstellen) innerhalb globaler Business Relations zu realisieren. Digitale Mobilität und das Internet of Things bringen eine grundlegende Änderung der Abläufe mit sich – das bedeutet auch, bestimmte Einkaufsprozesse (heute noch analog, manuell, standardisiert) auszuschalten, genauer gesagt: durch Tools erledigen zu lassen.
Menschen und Aufgaben
In Bezug auf Mitarbeiterstrukturen wird es zu einer Verschiebung des Personalbedarfs kommen. Gering- oder niedrigqualifizierte Arbeitsplätze werden durch Maschinen ersetzt, was auf der anderen Seite zu einer Höherqualifizierung (wo möglich) führen muss. Die zunehmende Automatisierung mit Smart Factories und stark individualisierten (kundenauftragsbezogenen) Produkten bis Losgröße 1 wird Rollenbild und Qualifikationsprofil des Einkäufers verändern. Viele Unternehmen bevorzugen eine technische Ausbildung für die Einkaufsmitarbeiter. Damit geht in der Regel ein besserer Gesamtüberblick über verbundene Abläufe und Produktionsprozesse einher. Parallel gilt es, die Kompetenzen der Mitarbeiter in Bezug auf betriebswirtschaftliche und rechtliche Themen zu erweitern. Komplexe Anforderungen an Daten, Datenkommunikation und IT erfordern spezielle Verträge und damit Gewährleistungs- und Schadenersatzregelungen, die an die Erfordernisse der Kommunikation Maschine-Maschine angepasst werden müssen. So wird sich beispielsweise ein „Big-Data-Purchasing-Expert“ in Zukunft mit Risikomanagement aus vertraglicher und technologischer Sicht beschäftigen.
Blick in die Zukunft
- Roboter und künstliche Intelligenzsysteme ergänzen den Einkauf.
- Bei identischen Prozessen führen Advanced Macros Prozesswiederholungen in einem System durch.
- Lernfähige Lösungen übernehmen End-to-End-Prozesse über mehrere Plattformen hinweg.
- Selbstlernende Lösungen imitieren menschliche Interaktion über mehrere Plattformen hinweg (volle Abdeckung mit hoher Servicequalität).
- Autonome Lösungen analysieren Informationen, treffen Entscheidungen und erweitern Wissen (jenseits menschlicher Fähigkeiten).
- Fünf Anwendungen bilden die Basisinfrastruktur der Beschaffung: Virtual Category Room, Virtual Supplier Room, Virtual Company Mall, Supply Analytics, Supplier Network.
- Im Virtual Supplier Room ruft der Einkauf werthaltige Informationen in Echtzeit ab: News, Communication Board, Supplier Collaboration Board, Uncharted Supplier Submissions, Ongoing Projects Sharepoint, Key Contacts, Chat/Message Board etc.
- Die Organisation 4.0 ist durch eine dezentralisierte, selbstorganisierte Steuerung gekennzeichnet. Führung 4.0 ist zur kollektiven Dienstleistung geworden. Individuelle Einstellungen („mein Führungsstil“, „meine Fähigkeiten“) und Handlungsmuster haben sich grundlegend geändert. Haltung und Verhalten fokussieren auf „unsere Handlungen, unser gemeinsames Werteverständnis, unsere Systeme“.
Bedeutung HR
Der Einkauf ist gefordert, den nötigen Change zu erkennen, zu akzeptieren und aktiv einzuleiten. Warten ist keine Option. Die HR-Abteilungen brauchen mehr und vor allem belastbare Impulse aus den Abteilungen – das gilt für die Besetzung von freien Positionen und das Recruiting von Talenten ebenso wie für innovative Maßnahmenbündel in Sachen „4.0“. Der Trend zu Inhouse-Trainings und Procurement Academies (mit oder ohne Unterstützung eines externen Bildungspartners) in größeren Unternehmen unterstreicht die Bedeutung. Dennoch gibt es noch viel zu tun. Einkäufer hatten über viele Jahre hinweg im Schnitt gerade mal ein bis 1,5 Weiterbildungstage zu Buche stehen, und das obwohl Einsparungen bei betrieblicher Weiterbildung kosten- und anteilsmäßig kaum bis gar nicht ergebnisrelevant sind. Der moderne Einkauf ist kein Kostenverursacher. Er ist Business Partner, der anderen Abteilungen die Arbeit erheblich erleichtern soll. Noch nie war stetige Qualifizierung so wertvoll wie heute.
Fazit
Der Grad implementierter zukunftsfähiger Systeme und des gezielten Einsatzes von Personalkapazitäten ist heute über alle Branchen, Unternehmensgrößen und -formen hinweg unterschiedlich hoch ausgeprägt. Besonders für kleine Unternehmen gilt es konzentriert daran zu arbeiten, auch in digitalisierten Netzwerken ein akzeptierter Partner zu bleiben. Digitalisierung und daraus entstehende Vorteile können nur dann effizient und effektiv wirken, wenn möglichst viele Beteiligte auf allen Seiten e-ready sind. Die derzeitige Ausgangslage erfordert offene Diskussionen (auch neue Diskussionsformen) und forciertes systematisches Generieren von Erfahrungen. Auf bewährte Lösungen und Praktiken kann in Sachen 4.0 nicht zurückgegriffen werden. Best Practice Beispiele geben zwar Anregungen, erlassen aber nicht konkretes und stringentes Vorgehen im eigenen Unternehmen. Der War for Talents im Einkauf wird sich verstärken. Die Unternehmen sollten sich dringend auch für interessante potenzielle Mitarbeiter fit machen.
Quelle/Auszüge:
Zwischenberichte der Task Force „Einkauf 4.0“ des BMÖ
In der BMÖ Task Force „Einkauf 4.0“ kommen CPOs österreichischer Leitunternehmen in regelmäßigen Runden zusammen. Analysiert wird der aktuelle Status von Big Data, Internet der Dinge, Einkauf 4.0 und Industrie 4.0. Ziel ist ein Aktionsplan mit Lösungskonzepten und Handlungsempfehlungen zur Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Steigerung von Innovationskraft sowie -geschwindigkeit. Aus den Fragestellungen ergeben sich Anforderungen hinsichtlich Vernetzung, IT-Systemen, Aufgaben des Einkaufs in der digitalisierten Ökonomie sowie Qualifikation der Mitarbeiter. Die in der Task Force generierten Erkenntnisse fließen in alle Angebote des Verbands und der Akademie ein. Die Berichte werden den BMÖ-Mitgliedern und der Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Weitere Infos:
- BMÖ-Veranstaltungskalender: www.bmoe.at/Veranstaltungen/Veranstaltungskalender/
- BMÖ-Akademie (Seminare/Lehrgänge): www.bmoe.at/Akademie/
- Österreichisches EinkaufsForum (10.-11.10.2019): www.bmoe.at/Veranstaltungen/
- BMÖ: www.bmoe.at
Der BMÖ ist die Interessensvertretung für das österreichische Einkaufs- und Supply Chain Management. Das BMÖ-Netzwerk besteht aus herausragenden nationalen und internationalen Experten des Einkaufs. Ein umfassendes Leistungsprogramm und breit gefächertes Weiterbildungsangebot komplettiert das Angebot des BMÖ. Der BMÖ bietet mit seinen Fachkonferenzen, Round Tables und vor allem dem Österreichischen EinkaufsForum Zugang zu allen wichtigen Informationen, Trends und Entwicklungen und liefert dabei handfeste Handlungsoptionen für Einkauf, Logistik und SCM. Die BMÖ-Akademie bietet eine Vielzahl an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Einkauf und Supply Chain Management. Dies umfasst das bewährte Certified Professional Purchasing Expert-Programm sowie weitere Certified Programme. Die breite Palette an Qualifizierungsmaßnahmen wird ergänzt um das Angebot an maßgeschneiderten Inhouse Trainings sowie das MBA + Strategic Purchasing & Supply Chain Management-Programm. Alle Informationen zum MBA-Programm finden Sie unter folgendem Link: www.bmoe.at/MBA/
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